Yannis Varoufakis sagte es, zahlreiche amerikanische Nobelpreisträger beklagten es, Ulrike Hermann hat es in zahlreichen Talkshows erklärt, die deutsche Griechenlandsolidarität sagt es ohnehin: „Die Griechenland-Hilfen retteten fast nur Banken.“
Jedoch der deutsche Finanzminister (und sein Kronzeuge, die schwäbische Hausfrau) sah und sieht dies anders; mit einem fast religiösen Verständnis von Schulden (wie es ex-EU-Kommissionschef Prodi mal formulierte:es muss was mit Schuld zu tun haben) wurde „Gürtel enger schnallen“ plus „Schulden zurückzahlen“ plus „Hausaufgaben machen“ als Lösung der griechischen Krise propagiert und zusammen mit europäischen Partnern gleicher neoliberaler Denkrichtung durchgesetzt.
Nun haben „unverdächtige“ Wissenschaftler mal nachgerechnet. Und zwar das ESMT Berlin (Europäische Schule für Management und Technologie) und ist zu seltsamen Ergebnissen gekommen – die um den 4. und 5. Mai in allen großen deutschen Tageszeitungen und Magazinen nachzulesen waren. Der Präsident des EMST, Jörg Rocholl, gehört übrigens dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesfinanzministerium an.
Nur 5 Prozent der „Hilfen“ landeten im griechischen Staatshaushalt
„Ein Großteil der von den verschiedenen EU-Stabilitätsprogrammen und dem IWF bereitgestellten Milliarden wurden zur Zahlung bereits bestehender Schulden benutzt, letztlich sind also Forderungen privater Gläubiger auf öffentliche Gläubiger übertragen worden. Insbesondere für das erste und zweite Rettungspaket finden wir, dass nach Abzug von Zinsen, Schuldentilgung, den Kosten für die Rekapitalisierung der Banken und die Umschuldung weniger als 10 Milliarden Euro, beziehungsweise ein Anteil von weniger als 5 Prozent dem griechischen Staatshaushalt zur Verfügung standen.“ (Faz 4.5. 2016 : Die Griechenland-Hilfen retteten fast nur Banken.)
Im Einzelnen hat das ESMT errechnet: Miit 86,9 Milliarden Euro wurden alte Schulden abgelöst, 52,3 Milliarden Euro gingen für Zinszahlungen drauf und 37,3 Milliarden Euro wurden für die Rekapitalisierung der griechischen Banken genutzt. Doch sollen diese Institute seitdem rund 98 Prozent ihres Börsenwertes verloren haben (Spiegel online 4.5. 2016: Studie über Hilfsprogramme)
Der Präsident des EMST sagte, dass ein Schuldenschnitt für Griechenland schon zu Beginn der Kreditprogramme 2010 vermutlich sinnvoller gewesen wäre. Zwar hätte die Bundesregierung dann möglicherweise auch deutsche Banken mit Staatshilfe stützen müssen. „Aber es wäre zumindest deutlich geworden, wo das Geld hinfließt“, sagt Rocholl. Viel Streit zwischen den Regierungen in Athen und Berlin wäre vermieden worden – und auch die deutschen Steuerzahler wären günstiger dabei weggekommen. (s.o. Spiegel online)
Man muss allerdings hinzufügen, dass der ESMT-Präsident Jörg Rocholl (laut Süddeutsche, 4.5. 2016: Wo die Milliarden für Griechenland landeten) forderte, dass weitere Kreditzahlungen an Griechenland an strikte Auflagen geknüpft werden sollten, um sicherzustellen, dass das Geld wirklich hilft, das Land zu modernisieren.
Die Studie ist komplett nachzulesen unter https://www.esmt.org/where-did-greek-bailout-money-go
Reiner Schiller-Dickhut