Monitoring Pushbacks

Bericht von Yetta R.
(Quelle: RfG-Newsletter April 2024)

Auch wenn die griechische Regierung noch immer behauptet, dass es keine Pushbacks gibt, ist die Existenz derselben mehr als evident. Abgesehen von Zeug*innenaussagen, den Berichten verschiedener NGOs und Medienberichten (wie zum Beispiel der New York Times), gibt es detaillierte Berichte der Türkischen Küstenwache (TCG).
Nun könnte man sagen, dass diese allein keine vertrauenswürdige Quelle sei, wenn man die machtpolitischen Interessen und das historisch angespannte Verhältnis zu Griechenland bedenkt. Tatsächlich sind wir aber der Ansicht, dass diese Berichte verlässlich sind, da sie sich mit dem decken, was die Menschen berichten und was von den Online-Rettungsorganisationen (z.B. AlarmPhone) bestätigt wird. Aus diesem Grund verfolgen wir die Berichte der TCG und die Zahlen des griechischen Ministeriums für Migration seit 2022 und bereiten sie so auf, dass man Berichte und Statistiken erstellen und die Entwicklungen beobachten kann.

März 2024

Im März haben deutlich weniger Menschen versucht über die übliche Route in der Ägäis nach Europa zu gelangen. 1.224 Menschen wurden von der TCG gerettet. Davon klassifiziert die TCG 878 (in 29 Booten) als Pushback-Fälle. Die TCG hat 1.951 Menschen bei dem Versuch türkische Strände oder Gewässer zu verlassen, aufgehalten und 1.818 Menschen sind auf den griechischen Inseln registriert worden.
Vergleicht man diese Zahlen mit dem Monat davor, sieht man, dass 2.291 Menschen von der TCG gerettet wurden, davon wurden 1.196 (in 42 Booten) als Pushback-Fälle klassifiziert. Die TCG hat 3.431 Menschen bei dem Versuch türkische Strände oder Gewässer zu verlassen, aufgehalten und 3.357 Menschen sind auf den griechischen Inseln registriert worden.

Der März dieses Jahres mit dem März 2023 im Vergleich: Im März 2023 wurden 1.894 Menschen gerettet, davon wurden 1.517 (in 59 Booten) als Pushback-Fälle klassifiziert. 720 Menschen wurden von der TCG aufgehalten und 960 kamen auf den griechischen Inseln an. Über die Gründe für den Rückgang im März 2024 können wir nur Vermutungen anstellen, da sie vermutlich in der Türkei liegen.
Die türkischen Kommunalwahlen mögen eine Rolle gespielt haben. Im Wahlkampf war es wichtig zu zeigen, dass das Thema Migration unter Kontrolle ist. Vermutlich hat die türkische Polizei mehr Aufwand betrieben, um Migrant*innen und die Netzwerke, die die Überfahrt organisieren, schon in Grenznähe oder in den größeren Städten, abzufangen. Da wir auf die Zahlen der türkischen Polizei (die eine solche Operation durchführen würde, während die TCG nur an den Küsten und auf dem Wasser zuständig ist) keinen Zugriff haben, können wir das nicht bestätigen, halten es aber für eine logische Antwort auf die Frage, warum weniger Menschen die Überfahrt angetreten haben.

Dazu hat sich generell der Umgang mit mafiösen Strukturen verändert, seit es einige personelle Veränderungen im Innenministerium gab. Bei der härteren Vorgehensweise gegen die Schattenmärkte geht es vornehmlich um Drogen. Es ist aber wahrscheinlich, dass dies auch den Markt für Überfahrten nach Griechenland betrifft.
Die Zahl der Menschen, die die TCG von der Überfahrt abhält oder die in türkischen Gewässern gestoppt werden ist und bleibt hoch. Vermutlich hat Erdogan bei seinem Treffen mit Mitsotakis im Dezember des letzten Jahres Zusagen gemacht und für den Moment hält die Türkei sich daran, solange das entspannte Klima anhält.

Ein weiterer Grund liegt in der Tatsache, dass die Türkei selbst mehr Menschen über die Grenze nach Syrien zurückschiebt und somit weniger als vorher überhaupt in Küstennähe ankommen.

Nicht zuletzt spielt eine Verschiebung der Routen eine Rolle. Deutlich mehr Menschen, besonders aus Syrien versuchen die Türkei zu umgehen und starten aus dem Libanon. In nur einer Woche sind 15 Boote mit 800 Menschen an Bord auf Zypern angekommen. In den ersten 3 Monaten sind 2.000 Menschen in Zypern angekommen, während es im letzten Jahr nur 78 waren. Die Überfahrt dauert 10 Stunden und ist somit länger und gefährlicher, als zu den ägäischen Inseln – aber die Hoffnung nicht von Griechenland in die Türkei zurück gewiesen und dann von der Türkei nach Syrien abgeschoben zu werden treibt die Menschen auf diesen Weg.