Neues aus Athen

Bericht von Amar Basic und unserem Team in Athen

Aktivitäten im Youthcenter – Network for Childrens Rights (NCR)

Man darf weiterhin keinen Präsenzunterricht abhalten und alle Sprachkurse finden online statt. Die Volontäre unterrichten circa 30 Schüler in 2 x Griechisch, 5 x Deutsch, 1 x Englisch Kursen. Das Goethe-Institut hat uns mit einer Lehrbuch-Spende unterstützt und wir erarbeiten auch derzeit ein Curriculum für den Unterricht. Das Internet ist oft eine Herausforderung und Jugendliche ohne Internetzugang sind kaum zu erreichen. Wir haben einige mit Internetkarten ausgerüstet, damit sie weiterhin am Unterricht teilnehmen können. Jedoch ist die Stabilität der Gruppen und des Interesses am Unterricht teilzunehmen aufgrund der langen Phase der Distanz schwierig.

Aktivitäten im Cultural Lab – NCR

Zwei Volontäre halten kreative online Aktivitäten in Englisch für Kinder zwischen 6-12 Jahren ab und weitere zwei bieten Hip-Hop Tanzunterricht für Kinder an.

 Außerdem erarbeiten wir zwei Mal im Monat pädagogische Lernsets. Unser Ziel ist es, so viele Kinder wie möglich zu erreichen. Es scheint, dass die meisten von ihnen weder Zugang zum Internet noch die richtigen Geräte haben. Zusätzlich bieten wir diese Lernsets an, damit die Kinder während des Lockdowns zu Hause eine kreative Zeit verbringen können. So enthielten die Sets Arbeitsblätter, Schreibmaterialien, Anleitungen zum Basteln und Malen. Es ist auch eine gute Gelegenheit, die Kinder 1-2 Mal im Monat persönlich zu treffen und auf eventuelle Bedürfnisse zu reagieren. So konnten wir in Einzelfällen Familien mit Kleidung, Schuhen usw. unterstützen.

  SOS Überlebens-Set

Weiterhin versuchen wir Obdachlose in Athen zu unterstützen und dafür haben wir uns ein Konzept von Überlebenssets erarbeitet. Die Sets sind in 3 Kategorien unterteilt:

  • 142 Grundbedarf Sets,

  • 33 Familien Sets und

  • 223 Schlafsäcke.

Diese werden in robusten Tragetaschen verpackt. Im Grundbedarf sind Decke, Handtuch, Hygieneartikel und Snacks etc. enthalten. In den Familensets finden sich  unter anderem Babymilch, Pampers und Hygieneartikel für die Mütter. Die Schlafsäcke werden je nach Bedarf hinzugefügt. Wir haben es geschafft, den größten Teil der Spendenartikel zu beschaffen und die Vorbereitung der Familien Sets abgeschlossen.

Die Ausgabe wird teils durch die Child Protection Unit vom Network erfolgen, um obdachlose minderjährige Geflüchtete erreichen zu können und außerdem wollen wir auch einige unserer Sets an Partnerorganisationen verteilen.

POLIZEI, PANDEMIE & PUBLICITY (Amar Bašić)

Polizeibrutalität ist heute in vielen Ländern an der Tagesordnung. Nach so vielen Monaten der Abriegelung, die von vielen Bürger:innen als eine Form der Unterdrückung angesehen wird, reicht schon der kleinste Funke, um ein großes Krawallfeuer ausbrechen zu lassen. So auch im attischen Vorort Nea Smirni am 07.03.2021.

Während einer Kontrolle zur Einhaltung der Pandemieregeln, haben Polizisten Familien im Park kontrolliert. Denn weiterhin dürfen wir nur begründet das Haus verlassen und müssen vorher eine SMS an das zuständige Ministerium senden. Dabei kam es zu Ungereimtheiten. Sofort brach Gewalt aus und Polizisten auf Motorrädern schlugen auf Menschen ein, die im Park spazieren waren.

Die Rolle der sozialen Medien war wieder einmal sehr bestimmend für das, was an den nächsten Tagen folgen sollte. Ausschreitungen zwischen Polizei und meist jüngeren Bürger:innen, brennende Mülleimer und Tränengas bestimmten die Nachmittage in Nea Smirni. Es gab viele Beschwerden von Anwohner:innen über die Menge des eingesetzten Tränengases, die in ihren Häusern blieben und nicht mehr atmen konnten.

Während den Straßenkämpfen wurde auch ein junger Polizist gewaltsam von seinem Motorrad gerissen und von einer Menge wütender Demonstrant:innen geschlagen. Noch am selben Tag äußerte sich der Premierminister zu den Unruhen und verurteilte die gewaltsamen Reaktionen gegenüber seinen Polizisten. Dessen Erklärung wurde sehr verurteilt. Die Anzahl der negativen Reaktionen in den sozialen Medien überwältigte das präsidiale Büro und der Facebook-Account wurde sofern geändert, dass keine Likes oder Dislikes mehr getätigt werden können.

Auch in Griechenland jährt sich der Ausbruch des Coronavirus zum ersten Mal und viele hier sind alles andere als glücklich über die aktuelle Situation.

Abgesehen von Leugnern und Religionsfanatiker:innen beobachten die einfachen Leute die neuen Entwicklungen mit Zorn, und der Grund dafür ist ein zweifacher:

Der erste Grund ist das Gefühl, dass die Regierung in der Zeit zwischen der ersten und der zweiten „Welle“ des Virusausbruchs nur sehr wenige Vorbereitungen getroffen hat. Hinzu kommt die Unfähigkeit, die Menschen, die geimpft werden müssen, schnell und effizient zu vaxinieren. Es wird behauptet, dass die Verfügbarkeit des Impfstoffs für die Verzögerungen verantwortlich ist und trotzdem steht Griechenland viel besser da als die meisten seiner europäischen Nachbarn.

Zweitens haben viele Menschen das Gefühl, dass sie sich bisher nicht mit dem Virus infiziert haben, weil sie sich verantwortungsvoll verhalten haben und nicht wegen der richtigen Maßnahmen der Regierung.

Was die Regierung in all den Monaten bisher getan hat, ist, die Leute zu kontrollieren und zu bestrafen, die entlassen wurden oder deren Arbeit eingestellt wurde und die vom Staat eine kleine Entschädigung erhalten.

Die totale Abriegelung scheint sich in Griechenland als unwirksam erwiesen zu haben, denn die Neuinfektionsrate steigt weiter. Wer bisher von einer Infektion verschont geblieben ist, dann deshalb nur, weil er sich seit einem Jahr, sich selbst gegenüber und der Gemeinschaft verantwortungsvoll und rational verhalten hat.

Außerdem jährte sich auch am 25.03. die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich zum 200 mal in Griechenland. Am Staatsfeiertag wehten an allen Straßenecken jeweils zwei Griechische Fahnen. 4000 Polizisten auf den Straßen, Verkehrsbeschränkungen und geschlossene U-Bahn-Stationen, sowie das Verbot jeglicher planmäßiger Proteste sind die Maßnahmen, die die griechische Polizei für den ungestörten Ablauf der Sonderveranstaltungen er-griffen hatte, bei denen die griechischen Staatsführung und ausländische Würden-träger:innen den grie-chischen Unabhängigkeits-tag am 25. März und am Vortag mit Abendessen, Treffen und Galeriebe-suchen feierten. Begründet wurde das Verbot „mit der ernsten Gefahr für die öffentliche Sicherheit unter Berücksichtigung der Militärparade und der geplanten Besuche und Bewegungen der VIP-Gäste aus dem Ausland. Die Feierlichkeiten wurden mit der offiziellen Zeremonie zur Wiedereröffnung der griechischen Nationalgalerie verbunden.

Der griechische Unabhängigkeitskrieg wurde von griechischen Revolutionären gegen das Osmanische Reich zwischen 1821 und 1830 geführt. Die Griechen wurden später von Großbritannien, Frankreich und Russland unterstützt, während die Osmanen von ihren nordafrikanischen Vasallen, insbesondere dem Eyalet von Ägypten, Unterstützung bekamen. Der Krieg hat zur Bildung des modernen Griechenlands geführt, wieder unter ausländischer Führung eines bayrischen Königs – und das ist zwei Jahrhunderte später sicherlich etwas, das es zu feiern gilt (auch vor dem Hintergrund der Pandemie).


Unsere Flüchtlingsarbeit in Athen in Kooperation mit der griechischen NGO
Network for Children´s Rights wird gefördert von: