Bericht von Vincent Jakubowski
Von September 2020 bis April 2021 war ich für Respekt für Griechenland als Freiwilliger in Athen tätig. Meine Aufgaben lagen größtenteils im Betreuen und Unterrichten von geflüchteten Kindern und Jugendlichen, jedoch war ich auch noch in andere Projekte involviert. Neben meiner Hauptbeschäftigung als Englisch- und Deutschlehrer habe ich mich im “Urban Gardening Projekt“ engagiert und habe jede Woche in einer sozialen Küche geholfen.
Ich habe Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Altersgruppen als Englisch- und Deutschlehrer beim Erlernen einer fremden Sprache unterstützt und darüber hinaus in Theater- und Kreativkursen erste Sprachkenntnisse an Jüngere vermitteln können. Bis zum Inkrafttreten des zweiten Lockdowns im November 2020 fand der Unterricht in verschiedenen Einrichtungen des “Network for Children‘s Rights“ statt. Danach habe ich den Unterricht für die Älteren per Videochat über die Onlineplattform Zoom fortgesetzt.
Ab Januar 2021 habe ich gemeinsam mit einem anderen Freiwilligen auch mit dem Videounterricht für jüngere Kinder begonnen. In den zwei Monaten davor haben wir wöchentlich Bastel- und Bildungsvideos gedreht, um den Kindern eine Möglichkeit der Ablenkung und Weiterbildung zu geben, die gezwungen waren, sehr viel Zeit zu Hause zu verbringen.
Das „Urban Gardening Projekt“ wurde im September letzten Jahres ins Leben gerufen. Dieses Projekt hat zum Ziel, ungenutzte Flächen im urbanen Raum Athens zu renaturieren und für eine breitere Gemeinschaft nutzbar zu machen. Dabei sollen sowohl die Nachbarschaft als auch Mitarbeiter*innen und Schüler*innen der anliegenden Einrichtungen des “Network for Children’s Rights“ von der Öffnung eines urbanen Gartens profitieren. Mit der Fertigstellung des Projektes wird ein Ort geschaffen, an dem sich Menschen wohlfühlen und den sie gerne aufsuchen um dort gemeinsam Zeit zu verbringen.
In der sozialen Küche der griechischen NGO KHORA kochen täglich zehn Freiwillige für obdachlose und bedürftige Menschen. Die zahlreichen Aufgaben eines Volunteers bei KHORA reichen von der Vor- und Zubereitung des Essens, dem ständigen Reinigen des Geschirrs und des Arbeitsorts bis hin zur Ausgabe der in Aluminiumboxen verpackten warmen Mahlzeiten.
Die soziale Küche ist ein Ort, an dem Menschen aus allen Teilen der Welt gemeinsam arbeiten und viele Geflüchtete selbst zu Freiwilligen werden. Die Idee einer solidarischen, nicht hierarchischen und inklusiven Gesellschaft versucht KHORA in ihrer Arbeit zu verwirklichen. Die Freiwilligen arbeiten gemeinsam und entscheiden gemeinsam – eine sehr unterstützenswerte Art der Organisationsform.
Bei KHORA habe ich Menschen getroffen, die ganz anders aufgewachsen sind und ein sehr anderes Leben führen als ich es tue. Indem ich sehr viele andere Lebenswelten kennengelernt habe, konnte ich mein eigenes Aufwachsen und meine eigene Lebensweise kritisch reflektieren.
Die Monate in Griechenland haben mich sehr geprägt und bereichert. Ich habe gelernt, mich über Sprachbarrieren hinweg mit Kindern und Jugendlichen zu verständigen und ihre Lernbegeisterung zu wecken. In meiner neuen Rolle als fachkundige Lehrperson wurde meinen Worten plötzlich Gültigkeit zugeschrieben und diese mussten deshalb immer wohlüberlegt sein. Das Gefühl eine Vorbildfunktion innezuhaben, ist mir zuvor unbekannt gewesen. Ich glaube im Laufe der Zeit an Selbstsicherheit gewonnen zu haben. Dieses Selbstvertrauen hat mich Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen lassen, die sich sehr positiv auf die Schüler*innen ausgewirkt hat.
Durch die Zeit in Athen hat sich mein Bewusstsein für gravierende soziale Missstände geschärft. Die Folgen eines verantwortungslosen politischen Handelns und eine ungerechte Art des Wirtschaftens beeinträchtigen Menschen in Griechenland schwer. Das geschärfte Bewusstsein verstärkt den Willen, diese Situation zu verändern. Und das Unterrichten von Kindern und Jugendlichen hat mich in meiner Entscheidung bestärkt, in diesem Herbst mit meinem Lehramtsstudium zu beginnen.
Unsere Flüchtlingsarbeit in Athen in Kooperation mit der griechischen NGO
Network for Children´s Rights wird gefördert von: