Beispiel: Auswertung der Bildungsarbeit mit DER BALKON an der Herrmann-Gmeiner-Realschule:

hier der vollständige Text:

AG: Bildungsarbeit mit dem Film DER BALKON

Lars Limbach, Hermann-Gmeiner-Realschule plus in Daaden (Rheinland-Pfalz)
Telefonnummer: 02743 6015

Der Balkon – Wehrmachtsverbrechen in Griechenland

Leitfaden für mündliche oder schriftliche Rückmeldungen zur Arbeit mit dem Film von Lehrer*innen und anderen Pädagogen

  1. Datum: 17.1.2021 Ort: Daaden Einrichtung: Realschule plus (integrativ)

  2. In welchem Rahmen haben Sie den Film gezeigt?

Der Film wurde in den Klassen 10A und 10B gezeigt und Teilen der Arbeitsgemeinschaft Friedenserziehung Geschichte (Klassenstufen 9 und 10 zusammensetzt) zugänglich gemacht. In der Klasse 10A wurde der Film Im Rahmen des Geschichtsunterrichtes behandelt. Da sich die Klasse mit dem Verlauf des II. Weltkrieges befasste, konnte ich den Film gut einbetten. In der Klasse 10 B wurde der Film im Rahmen des Ethik-Unterrichtes bearbeitet. Unterrichtseinheit: Krieg und Frieden (Ehrfurcht vor dem Leben).

2. Welche Resonanz auf den Film haben Sie bei den Jugendlichen wahrgenommen?

Die Resonanz in allen Gruppen war ein hohes Maß an Betroffenheit und Mitleid. Aber auch Wut über das, was die deutschen Täter den Menschen in Lyngiades angetan hatten und niemand dafür belangt wurde. Die teils sehr emotionalen Reaktionen wurden ausgelöst durch:

  • die originalen Tonbandaufnahmen,
  • die Berichte der Hinterbliebenen,
  • Gestik und Mimik der Zeitzeugen,
  • der Reaktion der „nächsten“ Generation (Kinder der Zeitzeugen /Opfer),
  • die sehr plastisch beschriebenen Schicksale der Opfer.

(Viele Schüler hatten nach der Vorführung Tränen in den Augen und waren zuerst sprachlos.)

Zwei meiner Schüler fühlten sich an ihr eigenes Schicksal stark erinnert, da sie ähnliche Szenen in Syrien bei einem Angriff auf ihre Stadt miterleben mussten.

  • Viele Schüler waren aber auch über die wenig verbreiteten Informationen über die Geschehnisse in Griechenland zwischen 1941-1943 erstaunt. „Ich habe noch nie davon gehört, geschweige denn mal eine Doku über die Deutsche Besatzung im II. Weltkrieg gesehen.“ „Es fehlt im Geschichtsbuch. Das müsste aufgenommen werden.“; „Warum macht man diesen Teil unserer Geschichte denn nicht noch mehr öffentlich?“ „Wir waren schon oft in Griechenland, aber von Spuren des II. Weltkrieges habe ich dort nichts bemerkt.“ „Was hatten wir damals denn überhaupt in Griechenland verloren?“

So die ersten Äußerungen.

Die ersten Eindrücke wurden von den die Schülerinnen und Schülern auch verschriftlicht (s. Anhang). Danach wurden diese (sehr bewegenden Eindrücke) teilweise im Plenum vorgelesen.

3. Welche Schwierigkeiten traten auf?

– Im Verstehen der Filmhandlung?

  • Schnelle „Film-Schnitte“ bei Wechsel Tonaufnahmen /Zeitzeugen und Hinterbliebene (ist aber bestimmt der Kurzversion geschuldet).
  • Wer spricht gerade? (Welche Tonband /O.-Töne gehören zu wem, hier hatten die Schüler eine gute Idee für das bessere Verständnis. (Wurde in die zukünftige Unterrichtseinheit mit aufgenommen).
  • Wichtig war den Schülern eine (vorherige) historische Einordnung.
  • Den Schülerinnen und Schülern war schnell klar, worum es in dem Film geht. Die schnellen Wechsel zwischen den einzelnen Szenen und dem Tonmaterial erforderten hohe Aufmerksamkeit. Deshalb haben wir den Film mehrfach angesehen und eingeteilt.

– In der historischen Einordnung der mitgeteilten Ereignisse?

  • Wichtig: Die Lehrkraft muss sich unbedingt vorher mit den Hintergründen (Balkanfeldzug, Teilung und Besetzung Griechenlands durch die Deutschen und dem griechischen Widerstand) beschäftigen. In keinem Geschichtsbuch unserer Schulformen ist dieses Kapitel aufgeführt. Deshalb wurde als zukünftige Unterstützung ein kleiner Unterrichtsleitfaden erstellt.
  • Erst den Ablauf des II. Weltkrieges behandeln.
  • Das Zusatzmaterial bietet hier (teilweise) gute Ansatzpunkte (historische Einordnung, Dreiteilung, Hungerwinter, etc…).
  • Teile des Materials mussten für die UE (Unterrichtseinheit) auf die Schülerinnen und Schüler und den jeweiligen Jahrgang angepasst und /oder entsprechend ergänzt werden.

– In der emotionalen Verarbeitung der geschilderten Kriegsverbrechen?

  • Wichtig: Einleitende Worte der Lehrkraft (Originalaufnahmen Augenzeugen /Überlebender, teils drastische /plastische Schilderungen, etc.), damit die Schüler vorbereitet sind.
  • Ansonsten s. auch 2. und 3.

4. Wie konnten Sie die Filmvorführung vorbereiten und /oder nachbereiten?

Vorbereitung verlief gut. Beachtung der u.g. Punkte.

  • Sollten Flüchtlingskinder in der Lerngruppe sein, unbedingt das Thema vorher mit den Beteiligten besprechen, da der Film sehr emotional ist (Einzelgespräch, nicht vor der Klasse).
  • Ist bei Schülern Vorwissen vorhanden? (Wir haben z.B. eine griechische Schülerin in Klasse 10 und der Arbeitsgemeinschaft, deren Großeltern vom Krieg erzählt haben.)
  • Lehrer-Vorbereitung: Einarbeitung in den historischen Hintergrund (s.o.), Film vorher mehrmals selbst anschauen, markante Szenen herausstellen.
  • Einführung der Schüler in den historischen Kontext (s. historische Einordnung der mitgeteilten Ereignisse)
  • Fachausdrücke klären: Partisanen, ELA, etc.

Nachbereitung

  • Wichtig: Die Schülerinnen und Schüler auch emotional wieder aufzufangen. Deren Gedanken und Empfindungen nach dem Film genügend Raum und Zeit zu geben (Planung 2 Doppelstunden oder ein Projektvormittag…).
  • In der gemeinsamen Nachbereitung entstand bei den Schülern der Wunsch, gerade diesen Teil der deutsch-griechischen Geschichte mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Erste Ideen für ein Projekt entstanden.
  • Die Schüler sortierten noch einmal die verschiedenen Facetten des Filmes: vom Massaker bis zum heutigen Gedenken.
  • Jeder Schüler bekam die Möglichkeit, sich schriftlich mit den Geschehnissen auseinanderzusetzen.

5. Welche der beigefügten Unterlagen waren für Sie hilfreich?

Generell sind die Unterlagen hilfreich. Ich habe sie den Anforderungen unserer Schüler angepasst. Ebenso war das Buch „Feuerrauch“ hilfreich.

6. Zu welchen Aspekten des Themas hätten Sie sich mehr Informationen gewünscht?

XXX

7. Was hat die Arbeit mit dem Film Ihnen selbst gebracht?

  • Nachdenklichkeit, da ich selbst noch nie diesen Teil der deutsch-griechischen Geschichte im Blick hatte.
  • Einen sehr bewegenden Einblick in das Schicksal der Bevölkerung von Lyngiades (welches nur ein Bespiel für die vielen Verbrechen der Wehrmacht in Griechenland darstellt).
  • Scham über das, was unsere Vorfahren dort angerichtet haben.
  • Unverständnis über die „Gedenk- und Gedächtnislücke“ der deutschen Politik /Bevölkerung, trotz des Wissens über die begangenen Verbrechen der Wehrmacht in Griechenland. Erst spät wird auf Griechenland mit Gedenkprojekten zugegangen.
  • Ansporn, diese Gedenk- und Gedächtnisarbeit im Unterricht und in Projekten zu beleben.
  • Gewissheit, wie wichtig die Aufarbeitung dieses Teils der Geschichte ist.

 

8. Würden Sie eine Bildungsarbeit in Deutschland mit dem Film grundsätzlich empfehlen?

Bitte ankreuzen: JA X Nein O

Gegebenenfalls: – bei welchen Zielgruppen (Alter, Vorkenntnisse, soziokulturelle Zusammensetzung)?

Ich werde diesen wichtigen Film jederzeit wieder in den Klassenstufe 9 und 10 unserer Realschule plus einsetzen. Wenn man das Material auf die Gruppe zuschneidet, ist dies kein Problem.

– unter welchen Bedingungen?

Im Unterricht und in der Projektarbeit mit Jugendlichen.

9. Sonstige Bemerkungen:

Danke, dass wir an diesem Projekt teilnehmen durften!
Sie leisten unheimlich wichtige Arbeit!

Ort/ Datum: Daaden 17.1. 2021

Name: Lars Limbach, Lehrer an der Hermann-Gmeiner-Realschule plus Daaden.