In der Corona-Krise bittet insbesondere Italien seine Partner in der EU um einen gemeinschaftliche und solidarische Bewältigung der Folgen der Krise, auch in finanzieller Hinsicht. Interessant ist dazu der Rückblick des ehemaligen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras auf die Situation 2015, als Griechenland ein ruinöses Sparprogramm aufgezwungen wurde. Er schlägt einen Bogen von 2015 zu heute.
Für Geschichtsvergessene erinnert er in einer kleinen Bemerkung daran, dass Deutschland mit dem Londoner Abkommen 1953 von den Siegermächten einen großzügigen Schuldenschnitt bekam, obwohl es für den Zweiten Weltkrieg und seine Schäden verantwortlich war. Daran sei erinnert, weil heute von Seiten maßgeblicher deutscher Politiker gegen Corona-Bonds argumentiert wird, man dürfe bei Krediten Verantwortung und Haftung von Staaten nicht voneinander trennen. „Alexis Tsipras zu Corona-Bonds“ weiterlesen
Kategorie: Wirtschaft und Schuldenkrise
Deutschland verdient an griechischen Krediten
Für die Darlehen an Griechenland seit 2010 bekommen die Geldgeber Zinsen: Der Haushalt des deutschen Staates hat davon mit insgesamt 1,34 Milliarden € profitiert. Dies hat das Bundesfinanzministerium in einer Antwort auf eine Anfrage des haushaltspolitischen Sprechers, Sven-Christian Kindler, der Grünen eingeräumt.
In allen großen Tageszeitungen oder Online-Medien wurde in der zweiten Juli-Woche darüber berichtet. Ein Darlehen, das die Kreditanstalt für Wiederaufbau Griechenland 2010 mit Absicherung des Bundes gegeben hat, wirft jährlich Erträge ab. „393 Millionen Euro an Zinsgewinnen hat dieser Kredit seit 2010 erbracht – und zwar netto, also nach Abzug der Refinanzierungskosten.“ (Süddeutsche, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-deutschland-macht-mit-hilfen-fuer-griechenland-milliardengewinn-1.3582710)
Die zweite Quelle ist ein Programm der EZB zum Ankauf von Staatsanleihen (SMP). Zwischen 2010 und 2012 hatte die EZB griechische Anleihen gekauft, um den Markt zu stützen. Die Zinsen, die der griechische Staat auf diese Anleihen zahlt, verteilt die EZB bei der Ausschüttung ihres Gesamtgewinns an die Euro-Staaten. Seit 2015 nahm der deutsche Haushalt darüber 952 Millionen € ein. Die „Süddeutsche“ fragt, „ob diese Erträge im Sinne echter Solidarität nicht Griechenland zugute kommen sollten…. Im November 2012 beschlossen die Euro-Staaten, ab 2013 die Gewinne aus dem Ankauf griechischer Staatsanleihen unter bestimmten Bedingungen an das Krisenland auszuzahlen. 2015 lief dann aber das zweite Griechenland-Programm im Streit aus. So blieben die SMP-Gewinne des Jahres 2014 auf einem Sonderkonto gesperrt. Die Gewinne aus den Folgejahren wurden erst gar nicht überwiesen, weshalb es auch nie zur 2015 im Bundeshaushalt vorgesehenen Zahlung kam.“ In der Antwort an Sven-Christian Kindler sagte das Finanzministerium, dass eine Überweisung der SMP-Gewinne an Griechenland nicht geplant sei.
Damit nicht genug: Die nach dem bisherigen Muster Deutschland zufallenden Gewinne aus dem SMP-Programm würden sich für 2017 und 2018 auf weitere 1,07 Mrd. € belaufen. Die „Berliner Zeitung“ beschrieb in dem Artikel „Geben und nehmen“ am 13.7. 2017 die Pläne der Finanzminister: „Zwar haben die Euro-Finanzminister vergangenen Juni beschlossen, diese SMP-Gewinne an Athen zurück zu überweisen – allerdings erst am Ende des laufenden Kreditprogramms 2018 und nur dann, wenn Athen die Forderungen der Gläubiger vollständig umgesetzt hat und zudem die Gläubiger zu dem Schluss kommen, dass Griechenland weitere Erleichterungen benötigt, um seine Schuldenlast tragen zu können.“ ( http://www.berliner-zeitung.de/27960310)
Halten wir fest:
Erstens: Die Zusage von November 2012, die Gewinne an Griechenland zurückzuzahlen, halten die europäischen Staaten nicht ein. Sie sind also nicht vertragstreu (was sie sonst immer Griechenland vorwerfen).
Zweitens: Sie behalten die Gewinne von 2017 und 2018 ein, um die griechische Regierung erpressen zu können.
Drittens: Natürlich verstärkt dies in Griechenland – und vielleicht auch in anderen Staaten der EU, die in eine ähnliche Lage kommen könnten – die Skepsis gegenüber der EU.
Die Grüne Fraktion im Bundestag hat laut „Süddeutscher Zeitung“ gefordert: „Die Zinsgewinne müssen endlich an Griechenland ausgezahlt werden. Es kann nicht sein, dass Wolfgang Schäuble mit griechischen Zinsgewinnen auch noch den deutschen Haushalt sanieren will.“
Neue Runde in der Erpressung der griechischen Politik
Fast das ganze Jahr 2016 über wurde bezüglich der Schuldenpolitik zu Griechenland darüber diskutiert, ob der IWF weiter am Programm beteiligt sein werde. Inzwischen mehren sich die Zeichen, dass der IWF aussteigt. Schäuble will das nicht wahrhaben und will durch weitere Einschnitte in Griechenland den IWF bei der Stange halten. Was bedeutet das für Griechenland und welches Bild von Europa wird bei diesem Spiel gezeichnet? „Neue Runde in der Erpressung der griechischen Politik“ weiterlesen