Was ist SoliOli?

In einem Artikel der „Contraste“ – Monatszeitung für Selbstorganisation – beschreibt Elisabeth Meyer-Renschhausen das Konzept von „SoliOli“. Es begann damit, dass sich auf dem Berliner Kongress zur Solidarischen Ökonomie SOLIKON im September 2015 die Initiative »Solidarity4All « (s4a) aus Griechenland vorstellte. Die Kampagne zur Direktvermarktung von griechischem Olivenöl ist ein Beispiel, wie man Solidarische Ökonomie aus und für Griechenland praktisch machen kann. Der Artikel beschreibt den Weg dorthin und konkret, was „SoliOli“ ist. Wir hoffen, dass daraus mehr wird.

Elisabeth Meyer-Renschhausen |Quelle: CONTRASTE, Novemberausgabe 2016
Solidarische Ökonomie überwindet Grenzen

Auf dem Berliner Kongress zur Solidarischen Ökonomie SOLIKON im September 2015 stellte sich die Initiative »Solidarity4All « (s4a) aus Griechenland vor. Zum Schluss fragte Georgia, Athen, ob man die Solidarische Ökonomie nicht auch länderübergreifend praktisch werden lassen könnte. Gesagt getan. Klaus, Frank und Drakon taten sich zusammen und mittels kompetenter Wirtschaft-, Griechenland- und Computer- Kenntnisse, vieler, vieler Stunden Arbeit und einem Kranz zusätzlicher, zeitweiliger Unterstützer kam zustande, was keiner sich vorher hat träumen lassen: Für ganze 17.000 Euro wurden zwei Kooperativen Olivenöl und Oliven abgekauft.

 Genau ein Jahr nach dem Kongress kam der LKW aus Griechenland in Berlin an. Innerhalb von drei Tagen holten alle Beteiligten ihre Bestellung in der »Schnittstelle« einem Kellerraum zur Produkteverteilung aus der solidarischen Landwirtschaft ab. Klaus hatte lange, detailreiche Bestelllisten angelegt, Frank gab aus und hakte ab. Luca hatte zum Schluss noch eine wunderbare informative Webseite zum »Solioli« angelegt. Die beiden Kooperativen in Griechenland bekommen so ein gutes Einkommen. Zum Abschluss gab es eine Podiumsdiskussion mit Bericht aus Griechenland nebst einer Debatte »wie weiter«, einem kleinen Umtrunk mit Verkostung von Öl und Oliven, wozu die Organisatoren ihre »Gemeinde« einluden.

Die beiden Kooperativen stammen aus verschiedenen Landesteilen Griechenlands. S4a ist eine Gruppe zur Vernetzung -und technischer Unterstützung griechischer Kooperativen. S4a ist dennoch umstritten, eine Reihe von Kooperativen wollen keine Unterstüzung von ihnen, da die Gruppe von Syriza inanziert wird. S4a unterstützt und berät die Kooperativen von Athen aus, die sich an sie wenden im ganzen Land. Georgia, als eine der Aktiven von s4a, sieht einen fundamentalen Wechsel in Griechenland, hin zu einem Leben im Sinne eines Guten Lebens statt dem hinterher Hecheln maximaler Einkommen in der öfentlichen Verwaltung. Die gibt es ohnehin kaum noch, die Troika hat den griechischen Staat gezwungen, binnen kürzester Zeit 40 Prozent der Staatsangestellten zu entlassen. Solidarity4all ermuntert daher alle Griechen und Griechinnen dazu, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Auf der Homepage erinnern s4a in verschiedenen Sprachen daran, dass die umstrittene neoliberale Politik die Griechen erst in diese Lage gebracht hat. Die Deutschen, die den »Solioli« ins Leben riefen, wissen zudem, das die kaiserliche Kolonial- Politik, Zerstörungen und Goldraub seitens der Nazis und die gezielte und jahrelange Bestechung der früheren Regierungen seitens großer Firmen insbesondere Siemens Griechenland in diese Lage brachten.

Die »Spar«-Politik der letzten fünf Jahre setzte dem nun die Krone auf. Die Löhne und Renten sind um bis zu 50 Prozent gekürzt. Und von den Jugendlichen sind (sogar nach oizieller Statistik!) 56 Prozent arbeitslos. Daher ist es besonders wichtig, dass die jungen Griechen, wenn sie nicht alle auswandern wollen, selbst tätig werden. Und tatsächlich, so erzählt Georgia, entstünden überall wieder handwerkliche Betriebe wie Schuster, Bäcker oder Schmieden. Wenn jemand hier etwa eine Maschine kaufen müsse, würde er als erstes herum fragen, ob es nicht irgendwo im Land eine Kooperative, also Genossenschaft gäbe, die derartiges herstelle oder anbiete. Das wären wirklich sehr hoffnungsmachende Zeichen…

Dass heute jeder zweite Griechen in der Hauptstadt Athen lebe, hält die Athenerin übrigens für verrückt. Daher ist sie froh, dass viele Griechen das Land ihrer Großeltern nicht verkauft haben, sondern damit wieder etwas machen können. Und das passiert tatsächlich: viele junge Griechen gehen zurück aufs Land. Und so entstand die Kooperative Greenland, von der die Hälfte des über »Solioli« nach Berlin gebrachten Olivenöls stammt. Die Kooperative »Greenland« entstand in Messenien auf der Halbinsel Peloponnes. Sie besteht aus fünf Menschen, die vor einigen Jahren von Athen zurück aufs Land gingen, um Neues auszuprobieren und der Erwerbslosigkeit den Rücken zu kehren. Sie verkaufen ihr Öl und ihre Oliven direkt an kleine Läden der Umgebung oder an andere Kooperativen im Land. Sie achten sehr auf die Qualität und nehmen dafür auch einen entsprechenden Preis. Ihr Öl machen sie ausschließlich aus Koroneiki-Oliven. Sie wurden für die besondere Qualität ihres Olivenöls bereits mehrfach ausgezeichnet.

Die zweite Hälfte des Öls stammt von der Kooperative Modousa auf Lesbos, genauer aus dem Südosten der Insel. Die Kooperative entstand erst im Jahr 2015. Auf Lesbos wird noch alles per Hand gemacht, einschließlich der Ernte. Die Olivenanbauer hier produzieren ihr Bio-Öl aus Kolovi und Adramitiani-Oliven, was als besonders leicht verdaulich und gut verträglich gilt. Binnen eines Jahres haben sich 30 Olivenbauern von Lesbos der Kooperative angeschlossen. Bisher haben sie ausschließlich innerhalb von Lesbos beziehungsweise Griechenland verkauft. Der Witz ist die regionale Vermarktung, die Zwischenhändler vermeidet. Durch die eigene Verarbeitung der Oliven zu Öl und die direkte Vermarktung können sie davon leben. Die schön gestaltete Homepage von »Modousa« ermöglicht die Bestellung per Internet. Sie zeigt eine wunderschöne Insellandschaft, ist bisher leider ausschließlich griechisch. Ohne die Vermittlung von s4a wäre ihr Öl wohl nicht bis nach Berlin gekommen.